Donnerstag, 23. Juli 2015

Kleine Geschichte des Schuldenmachens

Allgemein herrscht die Meinung, Geld ist gut – wenn man es hat. Dagegen gilt Geld als etwas Schlechtes, wenn man es nicht hat. Und als ganz besonders schlecht, wenn man es schuldet.
Schulden also etwas Schlechtes? Wir wollen sehen… Werfen wir ein paar Blicke in die Geschichte des Schuldenmachens:

 
Zunächst fällt auf, dass man die Frage umso eher und umso kräftiger bejahen kann, je weiter man zurückschaut. Wer im Altertum seine Schulden nicht zurückzahlen konnte, landete in einer besonderen Form der Sklaverei – der Schuldknechtschaft. Darunter versteht man, dass ein Schuldner sich selbst dem Gläubiger zur Verfügung stellt und seine Schulden abarbeitet. Ersatzweise kann der Schuldner auch eine Person dafür zur Verfügung stellen, besser gesagt: verpfänden, über die er Verfügungsgewalt hat, z.B. Ehefrau, Verwandte oder – am häufigsten praktiziert – Kinder.
Schuldknechtschaft war nicht nur bei den alten Griechen und Römern weit verbreitet, sondern auch schon bei den Germanen. Sie hielt sich im Deutschen Reich bis weit ins Mittelalter hinein. Sie wurde dann allmählich durch die Privathaft (Haft in Privatgefängnissen!) und dann zunehmend den öffentlichen Schuldturm abgelöst. Der Schuldturm (meist ein bestimmter Turm der mittelalterlichen Stadtbefestigung) wurde bis zum Beginn der frühen Neuzeit praktiziert und erst im 19. Jahrhundert abgeschafft.
War ein säumiger Zahler einmal im Schuldturm gelandet, blieb er dort in der Regel auf unbestimmte Zeit. Denn dieses Rechtsmittel diente hauptsächlich der Druckausübung. Nur selten konnte man in manchen Reichsstädten und Gebieten die Schulden auch „absitzen“.
Weltweit ist die Schuldknechtschaft auf Betreiben der UNO bereits seit 1956 formell abgeschafft, trotzdem gibt es sie de facto noch in Teilen Asiens und Afrikas. Das bekannteste Beispiel sind sicherlich die Teppiche knüpfenden Kinder in Indien oder Pakistan.
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Dort gibt es auch eine ganz perfide Form der Schuldknechtschaft, die die Schuld nicht mindert, sondern sie sogar noch steigert. Ausbeuterische Unternehmer machen sich die große Not der einfachen Landbevölkerung zunutze. Entweder sind die Eltern so arm, dass sie ihre zahlreichen Kinder nicht ausreichend versorgen können, oder sie haben sich irgendwann einmal Geld geliehen, das sie nun nicht mehr zurückzuzahlen in der Lage sind. In jedem Fall überlassen sie dem Gläubiger ein oder mehrere Kinder, die für sie nun die Schulden durch Arbeit tilgen sollen.
Durch Wucherzinsen, nicht angemessene Bezahlung, Inrechnungstellung von Kost und Logis usw. steigen die Schulden oft weiter. Sie können u.U. weitervererbt werden, so dass mitunter ganze Generationen in Schuldknechtschaft verharren. Allein in Indien sollen 15 Millionen Kinder in dieser Form der Sklaverei leben.
Doch wieder zurück in unsere Breitengrade. Seit Jahrhunderten und Jahrtausenden sind Schulden schlecht angesehen. Michaela Brötz, die Herausgeberin von DER KNAUSERER, der 1. Online-Zeitung für Sparsame (www.derknauserer.at), hat dies einmal in der Ausgabe 5/2003 sehr anschaulich geschildert:
„Wenn ich mir meine Großelterngeneration ansehe, die heute über 70 ist, so galt in ihrer aktiven Zeit: Schulden sind schlecht. Es war eine Selbstverständlichkeit, sich nicht zu verschulden, ja es galt sogar als verrufen. Wer nun wirklich zusätzliches Geld brauchte, erzählte mir einmal ein alter Bauer, so musste er beim Direktor der Raiffeisen-Bank vorsprechen und um das Geld bitten und betteln, während dieser ihm gehörig die Leviten las und mindestens 100 Belehrungen mit dem geliehenen Geld auf den Weg mitgab. Dass natürlich ein unbescholtener, höchst kreditwürdiger Bürge dabei sein musste, war Ehrensache. Schulden wurden als Schande dargestellt, es galt die Devise: Nur Bares ist Wahres.“
Diese Sichtweise hat sich vor allem mit den letzten ein, zwei Generationen grundlegend geändert. Konsum herrscht in allen Bereichen. Der kleine Mann wurde als Zielgruppe entdeckt. Ihm wird suggeriert, dass Glück käuflich ist, dass er alles haben kann – und zwar sofort. Sollte er sich das Angebot eigentlich nicht leisten können, ist das kein Problem: er kann es monatlich abbezahlen. Für ihn wurde der Teilzahlungskredit erfunden. Wobei Kreditaufnahme und Rückzahlung verharmlost werden. („easyCredit“, „Lebe heute – zahle morgen“, „Einkaufen leicht gemacht durch den Sparkassen-Privatkredit“ etc.) Gleichzeitig wurden immer neue Bedürfnisse geweckt...... <<<weiter lesen >>>
(Quelle: Big-Benn)

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